Die beiden Krimiautorinnen Fran Henz www.fran-henz.com
und Susanne Schubarsky www.schubarsky.at
sind die Initiatorinnen und Veranstalterinnen des Kärntner Krimipreises, der 2006 zum ersten Mal
ausgeschrieben wurde.
Was zwei scheinbar normale Zeitgenossinnen zu einem derart irrsinnigen Unternehmen bewogen hat, ist im Vorwort von
"Tatort Internet", der Anthologie zum Kärntner Krimipreis 2006, nachzulesen.
Hier ein Auszug:
F: Wie kommt man auf die Idee, eine Krimi-Anthologie herauszugeben?
A: Weil man durch Job, Familie, eigenes Schreiben, ehrenamtliche Tätigkeiten und unterentwickeltes
Schlafbedürfnis nur 23 von 24 Stunden pro Tag herumkriegt. Und wir Däumchendrehen hassen.
A: Außerdem gibt es in Österreich noch keinen Krimi-Preis, dieses Manko wollten wir beheben und da bot sich die
Veröffentlichung der besten zum Kärntner-Krimipreis eingereichten Geschichten in einem Buch natürlich an.
A: Dankenswerterweise standen zahlreiche Sponsoren und Förderer unserer Idee aufgeschlossen gegenüber.
F: Ihr beide habt euch im Internet kennen gelernt, stimmt das?
A: Bei uns war es so, dass ich eine Geschichte in einer Krimianthologie hatte, in der auch eine sehr kurze, sehr
böse Story von Fran stand. Dann hab ich im Netz recherchiert und sie bei www.schreib-lust.de gefunden, einer
Internetplattform, in der Autoren aller Niveaus ihre Texte er- und überarbeiten. Wir mailten uns später privat,
trafen uns schließlich im wirklichen Leben und haben bald festgestellt, dass wir nicht nur denselben Sinn für Humor
haben (tiefschwarz und bitterböse), sondern auch dieselben Ziele mit unserem Schreiben verfolgen. Seither ist das
Internet die perfekte Möglichkeit für uns, trotz der Entfernung zwischen Wien und Villach in ständigem Kontakt zu
stehen, Ideen auszutauschen und gemeinsam an einem Projekt wie „Tatort Internet“ zu arbeiten.
F: Wie viele Geschichten wurden für Tatort Internet eingereicht?
A: Zirka 300. Sie kamen von deutschsprachigen Autoren aus aller Herren Länder – Österreich, Deutschland und Schweiz
waren zu erwarten, aber es gab auch zahlreiche Beiträge aus Italien, Frankreich, Portugal, Spanien, Schweden und
sogar aus Island – aber das bemerkenswerteste Kuvert erreichte uns aus Katmandu, Nepal.
F: Gibt es etwas, das ihr hoffnungsvollen Autoren ans Herz legen wollt, damit ihre Texte
bei Wettbewerben und Ausschreibungen in die Endrunde kommen?
A: Ja, bitte, da müssen wir ganz dringend einiges loswerden! (Seufzt und verdreht die Augen.)
A: Zuerst das Naheliegende, aber leider nicht Selbstverständliche: Gute Geschichten schreiben! Kurzgeschichten
führen im deutschsprachigen Raum zu Unrecht ein Schattendasein. Eine Kurzgeschichte ist kein kurzer Roman,
sondern eine eigenständige Literaturform, die in England und Amerika ihren fixen Platz hat, vor allem im
Krimibereich. Edgar Allan Poe, der gerne als der erste Krimiautor überhaupt bezeichnet wird, hat mit jeder
einzelnen seiner Krimierzählungen ein in sich abgeschlossenes, abgerundetes Kunstwerk geschaffen.
A: Wenn ein Thema vorgegeben ist, dann bitte daran halten! Für Tatort Internet war es definitiv zu wenig, dass
der Mörder den PC abschaltet, ehe er sich auf den Weg zum Opfer macht, oder dass in eine uralte Geschichte einmal
die Erwähnung einer E-Mail eingefügt wird.
A: Die formalen Bedingungen der Ausschreibung – z. B. Länge, Format, Einsendeschluss, Anonymisierung des Beitrages
– zu berücksichtigen, ist generell hilfreich. Von der Einsendung nahezu unleserlicher handschriftlicher Beiträge
wird abgeraten. Korrigiere: aller handschriftlichen Beiträge!
Obwohl die willkürlichen Konventionen von Grammatik und Orthografie natürlich jede Kreativität zunichte machen und
künstlerische Freiheit einengen und so weiter und so weiter, wird ein sauber getippter, sprachlich korrekter und
weitestgehend fehlerfreier Text von den Herausgeberinnen mit deutlich mehr Enthusiasmus gelesen.
A: Texte, die sich dem Thema eher unkonventionell nähern, kommen erfahrungsgemäß leichter in die Endrunde.
Wir hätten mindestens zwei Bücher mit Geschichten „Opfer trifft Mörder im Chatroom“ füllen können.
A: NICHT den Titel der Ausschreibung als Titel für die eigene Kurzgeschichte verwenden. Irgendwann habe ich
aufgehört, die Texte namens „Tatort Internet“ zu zählen ... Interessanterweise wurde keine einzige dieser
Geschichten in die Anthologie aufgenommen – könnte das an der mangelnden Fantasie liegen?
A: Keine exotischen Schrifttypen benutzen, keine Zeichnungen und Erklärungen zur Geschichte beifügen. Eine gute
Geschichte steht für sich selbst.
A: Gebundene, spiralisierte und fest verklebte Manuskripte, Seile, Bänder, Klammern, Klebebänder,
feuer- und schussfeste Verpackungen mögen durchaus originell wirken – doch die arme Herausgeberin, die sich erst
stundenlang durch diese Hindernisse kämpfen muss, könnte danach eventuell der Geschichte selbst gegenüber etwas
voreingenommen sein.
A: Alle Bestechungsversuche sind sinnlos!
(Beide nicken. Kurzes Flüstern und Köpfewiegen.)
Doch wenn der Drang, ein kleines Geschenk mitzuschicken, übermächtig werden sollte – mit Pralinen, Rotwein und
Champagner sind wir zwar jetzt mehrere Jahre lang ausreichend versorgt, für das eine oder andere
Diamantengeschmeide oder einen Kleinwagen, vorzugsweise rot oder blaumetallic, hätten wir aber durchaus noch Platz.
Mit Fran Henz und Susanne Schubarsky sprachen Susanne Schubarsky und Fran Henz.